Die Pfarre St. Gereon und die Schützenbruderschaft
Um unsere Schützenbruderschaft etwas besser kennenzulernen, möchte ich Ihnen deshalb ihren Patron und unseren Pfarrpatron, den hl. Gereon, vorstellen und mit Ihnen einen kurzen Blick in die Geschichte unserer Pfarrgemeinde werfen, aus deren Leben unsere Bruderschaft seit nunmehr 150 Jahren einfach nicht mehr wegzudenken ist.
Der heilige Gereon
Wenn wir auf der Suche nach dem hl. Gereon auf historisch gesicherte Daten hoffen, werden wir enttäuscht. Wir sind bei ihm angewiesen auf die problematische historische Qualität von Legenden.
Gereon tritt erstmals im frühen 7. Jahrhundert in einer frühen Fassung des Martyrologium Hieronymianum auf, und zu Beginn des 8. Jahrhunderts wird erstmals die heutige Kirche St. Gereon in Köln als „St. Gereon“ bezeichnet.
Gereon geht mit den vornehmsten der gallischen Heiligen in die „laudes regiae“ ein, wird zum Schutz und zur Unterstützung der fränkischen Könige angerufen: all das kennzeichnet sein Ansehen. Durch den Geschichts-schreiber und Bischof Gregor von Tours wissen wir, daß man Gereon zur Thebäischen Legion rechnet. Als Offizier dieser Legion soll er zusammen mit seinen Gefährten auf einem Feld bei Köln („ad sanctos martyres“, heute „Sankt Mechtern“, in Köln-Ehrenfeld) als Glaubenszeuge gestorben sein.
Über die „Thebäische Legion“ wissen wir, historisch gesehen, recht wenig. Der älteste Bericht darüber stammt nämlich von Bischof Eucherius von Lyon, der im Jahre 449 starb. Gut 100 Jahre waren demnach schon vergangen, als dieser Bischof über das Sterben der Legionssoldaten schrieb. Allerdings muß man feststellen, daß gerade die mündliche Überlieferung in jener Zeit erstaunlich gut Fakten und Daten zu schildern wußte, und das über lange Zeit.
Was Bischof Eucherius schreibt, läßt sich nach dem „Lexikon der Namen und Heiligen“ etwa so zusammenfassen:
Die „Thebäische Legion“ bestand aus zumeist christlichen Soldaten aus der Thebais, einer Gegend in Oberägypten. Dort hatte sich das Christentum schon frühzeitig ausgebreitet. Nach Eucherius sollte diese Legion auf Befehl des Kaisers Maximianus Herculeus gezwungen werden, gegen Glaubens-genossen vorzugehen. Die christlichen Soldaten verweigerten jedoch die Ausführung dieses Befehls. Um sie zum Gehorsam zu zwingen, ließ Maximianus jeden Zehnten umbringen. Und als auch dies nichts fruchtete, ließ er diese Dezimierung wiederholen und schließlich die ganze Legion töten. Auf diese Weise wurden die Soldaten Schritt für Schritt, von Oberitalien bis nach Xanten am Niederrhein über Europa verteilt, wegen ihres Glaubens hingerichtet.
Gereon wird zusammen mit 318 Gefährten der Kölner Gruppe der Thebäischen Legion zugerechnet, die dort, wo zu ihrem Gedächtnis die Kirche St. Mechtern in Köln-Ehrenfeld errichtet wurde, getötet wurden. Ihre Leichname soll man nach der Legende in einen Brunnen geworfen haben, der sich nach wechselnden Vorstellungen in der Mitte der Kirche St. Gereon in Köln oder unter der Confessio unter dem Gereonsaltar am Anfang zum Chor befunden haben soll. An beiden Stellen haben ihn jedoch die Grabungen der letzten Jahre nicht nachweisen können.
Das Martyrium der Thebäischen Legion galt lange Zeit als legendär. Für die Richtigkeit des Berichtes spricht jedoch die sehr frühe und weit verbreitete Verehrung der Märtyrer der Legion. Es sind dies vor allem Mauritius und seine Gefährten Exsuperius, Candidus, Victor, Innocentius und Vitalis, dann Gereon und seine Gefährten.
Außerdem fügt sich diese Geschichte zwanglos in die zeitgeschichtliche Situation ein: Kaiser Diokletian (285 - 305) führte nämlich im ganzen Reich energische Reformmaßnahmen durch. Wegen der militärischen Aufgaben ernannte er deshalb 286 Maximianus Herculeus zum Mitkaiser und übertrug ihm den Westen des Reiches, während er selbst in Nikomedien residierte und damit den Osten beherrschte. Die Verfolgungsmaßnahmen gegen die Christen begannen 295 nach Absicherung der Reichsgrenzen. Sie waren ein Teil des Reformprogramms, denn durch die Restauration der alten Jupiterreligion sollte das Reich auch nach innen gefestigt werden.
Das Martyrium des hl. Offiziers Gereon und seiner Gefährten wird allgemein in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts gelegt. Der Gedenktag des hl. Gereon ist der 10. Oktober. Und jeweils am Sonntag nach dem 10. Oktober wird in unserer Pfarrgemeinde mit der Schützenbruderschaft dieses Patro-zinium mit einem festlichen Gottesdienst gefeiert, dem sich in der Schützenhalle der Familientag anschließt, zu dem dann seitens der Schützenbruderschaft alle Pfarran-gehörigen eingeladen sind.
Auch wenn historische Fakten weitestgehend fehlen, so wird doch aus dem, was die Legende berichtet, deutlich, daß Gereon treu und unerschütterlich zu seinem Glauben an Jesus Christus gestanden hat bis zum Tod.
Vettweiß und seine Pfarrkirche
Vettweiß hat nachweislich eine jahrtausendalte Vergangenheit. So wurde 1967 im Ortsbereich bei Erdarbeiten eine Siedlungsschicht angeschnitten, die nach den zutage geförderten Topfscherben dem Rössener Kulturkreis (3.000 v.Chr.) zuzuordnen ist.
Ein zu Beginn des Jahrhunderts freigelegtes größeres Urnengräberfeld gibt Zeugnis von der Besiedlung durch die Urnenfelderleute (1.000 v.Chr.). Die Urnen und andere Fundstücke befinden sich im Leopold-Hoesch Museum zu Düren.
Um 400 v.Chr. wurde unsere Region durch die Kelten (römisch = Gallier) besiedelt. Sie brachten eine fortschrittlichere Kultur, unter anderem auch die Eisenverarbeitung, mit. Vermutlich stammt von ihnen auch unser Ortsname. Dieser entwickelte sich vom keltischen „vesa“ (Besitztum, Gut) über althochdeutsche Formen bis zum heute im Dialekt noch gebräuchlichen „Wieß“.
Zwischen 58 und 51 v.Chr. eroberten römische Legionen unter Cäsar das linksrheinische Gallien und damit auch unsere Gegend. Als der hier ansässige Stamm der gallischen Eburonen Cäsars Winterlager vernichtete, rottete Cäsar ihn in einem Rachefeldzug aus und siedelte in dem entvölkerten Landstrich germanische Ubier aus dem Neuwieder Becken an. Diese bewohnten von da an den Köln-Bonner Raum bis hin zur Rur.
In römischer Zeit war unser Raum vermutlich dichter besiedelt als heute. Im Ortsbereich und auch in der Gemarkung gibt es zahlreiche Funde aus dieser Epoche. Namentlich „auf dem Dölles“ läßt ein ausgedehntes Trümmerfeld auf eine intensive Besiedlung schließen. Ausgemacht wurden von Archäologen ein römischer Gutshof, eine sogenannte „villa rustica“ und einige spätrömische Wehrbauten (burgi).
Vermutlich wurzelnd in keltischen Glaubensvorstellungen entwickelte sich im römisch besetzten Rheinland der Matronen- oder Mütterkult. Es wurde eine Mütterdreiheit verehrt, die vermutlich nach dem jeweiligen Ort ihrer Verehrung benannt wurde, ähnlich wie man heute von der Mutter Gottes zu Kevelaer oder Heimbach spricht. Blütezeit dieses Kults war die Zeit zwischen 160 - 240 n.Chr. Aus dieser Epoche wurden gerade in der Zülpicher Börde viele Weihesteine gefunden. Allein in Vettweiß waren es vier, die alle den „MATRONIS VESUAHENIS“ gewidmet waren. Sollte „vesuahenis“ wirklich vom Ortsnamen „vesa“ abgeleitet sein, dann hätten wir in den Inschriften der Matronensteine den ältesten schriftlichen Nachweis über die Existenz unseres Ortes.
Als Rom sich Mitte des 5. Jahrhunderts n.Chr. vom Rhein zurückzog, rückten die Franken von der rechten Rheinseite nach. Sie kannten das Gebiet schon aus früheren Raubzügen. Nun aber wurden sie hier seßhaft. Sie zerstörten die meisten römischen Bauten und siedelten sich neben den römischen Wohnstätten an.
Die ältesten Zeugnisse pfarrlichen Lebens stammen aus der fränkisch-karolingischen Zeit. Unter ihrer Herrschaft fanden große Schenkungen von Dörfern und Klöstern statt. Die Kirche in Vettweiß wird in einer Schenkungsurkunde des Kölner Erzbischofs Everger aus der Zeit um 988 zum ersten Mal genannt. Sie war demnach eine bischöfliche Eigenkirche, die damals zusammen mit dem Mönchhof in den Besitz des Klosters St. Martin in Köln kam.
Ebenso wird „Wisse“ in einer Urkunde von 1032 erwähnt und in einer anderen von 1072, durch die der Erzbischof Anno II den Mönchen von Groß St. Martin in Köln den Zehnten (Naturalabgabe von 1/10 des jährlichen landwirtschaftlichen und gewerblichen Ertrages) seiner Besitzungen in „villa Wisse“ und „Katinheim“ (Kettenheim) zukommen läßt. Nach 1264 war in Vettweiß Johann Sudermann Pfarrer, 1508 wurde die Kirche der Benediktinerabtei Groß St. Martin inkorporiert. 1559 hatte sie drei Vikarien, eine Marien-, eine St. Paulus- und eine Antoniusvikarie. 1802 wurde Vettweiß dann Sukkursale im Kanton Froitzheim mit Nideggen als Hauptpfarre; von 1827 bis 1925 gehörte die Pfarre zum Dekanat Nideggen, als das Dekanat Vettweiß eingerichtet wurde.
Seit dem 23. August 1973 besteht das heutige Dekanat Nörvenich-Vettweiß. Die Pfarrkirche von Vettweiß, die aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammte, hatte einen längsrechteckigen Chorturm im Osten. 1853 wurde das Langhaus, das sich nach einem Bericht des Pfarrers von 1829 in einem desolaten Zustand befand, erneuert.
Am 5. August 1860 wird die Kirche nach endgültiger Fertigstellung eingeweiht. Pfarrer ist Engelbert Klein.
Zu dieser Kirche findet sich in der „Weltwarte“, einer Kirchenzeitung, am 1. März 1936 folgender Artikel:
„Zwischen Düren und Zülpich liegt der kleine Ort Vettweiß. Seine Kirche ist durch einen schweren Ostturm aus Bruchsteinen ausgezeichnet. Er stammt aus dem 11. Jahrhundert und zeugt vom Alter des Dorfes. Das Gotteshaus war seit dem 10. Jahrhundert für lange Zeit mit Köln eng verbunden. Es stand unter dem Patronat der Kölner Stiftskirchen St. Maria ad gradus und Groß St. Martin. Schöne Barockaltäre zieren das Innere des Gotteshauses zu Vettweiß. Sie standen nicht immer hier. Bis um 1870 hatten sie ihren Platz in der Mönchengladbacher Abteikirche. Im 17. Jahrhundert, als die Gegenre-formation in der katholischen Kirche ein Leben höchster Kraftentfaltung erweckte, wurden die Altäre geschaffen. Über 200 Jahre erfreute man sich in Mönchengladbach an ihrem Schmuck. Erst die unselige Stilisierungswut in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts vertrug es nicht, in einer gotischen Kirche barocke Altäre zu sehen. Man ersetzte sie durch neugotischen Unwert. Wir müssen dankbar sein, daß es eine Gemeinde gab, die den barocken Kunstwerken bereitwillig ihre Kirche öffnete. Sonst hätten die Altäre und Plastiken, wie so viele andere, ein schmähliches Ende als Brandholz gefunden“.
Im 2. Weltkrieg, am 29. März 1945, wird die bis dahin weitgehend unbeschädigte Kirche durch amerika-nische Besatzungstruppen gesprengt, um Material für den Bau einer Flugplatzanlage zu erhalten, die im Geländedreieck Vettweiß - Kelz - Gladbach geplant ist.
Am 4. Oktober 1945 wird die Notkirche, eine von den Amerikanern überlassene Baracke, auf dem Marktplatz, eingeweiht. Bis dahin wurden die Gottesdienste nach der Sprengung der Pfarrkirche in der Gaststätte Weyenberg (heute Gereonstraße 46) und in der Nähschule des Klosters (Gebäude neben der Kreissparkasse) gefeiert.
Im September 1949 wurde mit dem Bau der heutigen Pfarrkirche begonnen, die nach Plänen des Architekten Josef Op Gen Oorth aus Köln errichtet und am 2. Dezember 1951, dem 1. Advents-sonntag, eingeweiht wurde. Damals war Hermann Rütten Pfarrer in Vettweiß.
Es handelt sich bei unserer Kirche um einen einschiffigen Backsteinbau mit Chorgeviert mit einem Tonnengewölbe in Holz, einem Satteldach und einem Ostturm, der im Herbst 1953 fertiggestellt wurde. Die Pfarrkirche hat 420 Sitzplätze. Die Glocken unserer Kirche in den Tönen d, f und g stammen aus dem Jahre 1954. Die Orgel mit 22 Registern und einer elektrischen Tastatur wurde im Jahre 1958 in der Orgelbauwerkstatt Bach in Aachen gebaut. Trotz architektonischer Bemühungen, die neue Kirche dem Ortsbild anzupassen, fällt heute die aus rotem Backstein errichtete Pfarrkirche inmitten des Ortes sofort ins Auge.
Einige wertvolle Zeugnisse der alten, gesprengten Pfarrkirche wurden, Gott sei Dank, vor der Zerstörung bewahrt. Dazu gehören der Gekreuzigte über dem Tabernakel, aus Holz, farbig gefaßt, datiert um 1330, auf einem erneuerten Holzkreuz sowie das Hauptbild des Hochaltars der zerstörten Kirche, das die Kreuzigung darstellt, Öl auf Leinwand, aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, das um 1870 aus der Vituskirche in Mönchengladbach nach Vettweiß gelangt ist und heute seinen Platz im Eingangsbereich des Pfarramtes gefunden hat. Aus unserem Jahrhundert stammen die Figuren aus Holz an den Seitenaltären die Herz-Jesu-Figur und die Madonna, außerdem die Figur des hl. Josef unten in der Kirche sowie die Figuren unserer Pfarrpatrone Antonius und Gereon über den Beichtstühlen.
An das Ende meiner Ausführungen zu unserem Pfarrpatron und unserer Pfarrkirche möchte ich das Tagesgebet zum Gedenktag des hl. Gereon stellen als Wunsch und Bitte, daß unsere Bruderschaftler und alle Pfarrangehörigen wie er im Glauben treu bleiben: „Allmächtiger Gott, du hast dem heiligen Märtyrer Gereon und seinen Gefährten die Kraft geschenkt, für dein Wort und das Zeugnis von Jesus ihr Leben hinzugeben. Stärke mich mit dem Heiligen Geist, damit auch ich deine Botschaft gläubig höre und standhaft bekenne.
Darum bitte ich durch Christus, unseren Herrn. Amen.“
Pastor Willi Lennarz