Die Jungschützen

 

Mitte der Fünfzigerjahre beschloß die Schützenbruderschaft, Jungschützen in die Gemeinschaft aufzunehmen.

 

Seitdem ist diese Entscheidung wohl nie bereut worden. Denn damals wie heute kann die Bruderschaft immer wieder aus ihrer breiten Jungschützenbasis neue Kräfte für ihr Offizierscorps gewinnen. Aber auch junge Leute, die sich nach ihrer Jungschützenzeit nicht weiter für die Uniform entscheiden, bleiben dem Verein als aktive Sportschützen oder als inaktive Mitglieder erhalten. Die Verbundenheit hält weiter.

 

Seit 1955 etwa konnten die Jungen und später auch Mädchen, nachdem sie zur ersten heiligen Kommunion gegangen waren, in die Bruderschaft eintreten.

 

Diese Altersregelung führt seither zu einer engen Verbundenheit der Jungschützen zu den Vettweißer Meßdienern. Die meisten Jungen, die Meßdiener werden wollten, traten auch gleichzeitig in die Jungschützen ein. Diese „Doppelrolle“ ist nicht nur schön, sondern auch sehr praktisch. Dürfen die Schützen an Fronleichnam, Pfingsten oder bei Feldgottesdiensten auf dem Schützenplatz bei der Messe dienen mangelt es nie an „geeignetem Personal“. Die vom Obermessdiener aufgestellten Jungs tauschen nur das Messdienergewand mit ihrer Schützenuniform.

 

Die Uniform für die Festzüge sollte zu Anfang eine schwarze Hose und ein weißes Hemd (vom Verein mit 10 DM Selbstbeteiligung gestellt) mit Krawatte sein. Dazu trugen die Kinder und Jugendlichen eine grüne Schärpe und grün/weiße Fähnchen.

 

In den Jahren 1977/78 wurden die Jungschützen neu organisiert. Erstmals durften auch schon Kinder in den Verein aufgenommen werden, die gerade die Schulpflicht erreicht hatten. Seitdem gibt es auch die Aufteilung in Schüler- und Jungschützen. Bis zum Alter von 16 Jahren bleibt ein Jugendlicher Schülerschütze, danach wird er Jungschütze, bis er ca. 24 Jahre alt ist. Diese Grenze nach oben ist jedoch nicht verbindlich, es wird niemand gezwungen, kein Jungschütze mehr sein zu dürfen. Wenn er sich z.B. die teure Offiziersuniform noch nicht leisten kann, darf er gerne weiter als Jungschütze mitgehen.

 

Die Uniformen der Schüler blieben wie früher gleich und die älteren Jungschützen bekamen, nun vollständig vom Verein gestellt, grüne Hemden.

 

In den ersten zwanzig Jahren wurden Schützenbrüder bestimmt, die die Verantwortung über die Jungschützen übernehmen sollten. Diese sollten im Festzug vor den Jungschützen gehen und übten acht Tage vor dem Schützenfest das Marschieren und die einzelnen Kommandos mit den Jungschützen. An Schießtraining und ein regelmäßiges Treffen wurde damals noch nicht gedacht. Nach Hans-Oswald Henn, Paul Siemen und Heribert Herrmanns war Heinz Geuenich, damals noch selbst Jungschütze, der letzte dieser Jungschützenführer.

 

1974 wurde Hans-Otto Hülden dann der erste gewählte Jungschützenmeister. 17 Jahre lang führte er die Jungschützen nicht nur, er formte sie auch zu einer aktiven Gemeinschaft. Sein Nachfolger wurde 1991 Richard Courth, der sein Amt aus beruflichen Gründen schon bald an seinen Vize Walter Zurhelle abgeben mußte. Walter vertritt seit einigen Jahren sogar als Bezirksjungschützenmeister über die Vereinsgrenzen hinaus die Jungschützen.

 

Alle Jungschützenmeister schafften es ein ums andere mal in der Bruderschaft ein offenes Ohr für uns und unsere Belange zu finden, sei es Geld für Ausflüge, Feste oder ein neues Gewehr locker zu machen oder einfach nur Vorschläge von den Jüngeren zu übernehmen. Vorstand und Vereins-führung wissen, daß es nur gut sein kann, die Jugend zu fördern.

 

Anno 1982 weihte Pfarrer Hastenrath eine eigene Jungschützenstandarte, eine aus schwerem Stoff hergestellte und schön bestickte Fahne, die von nun an den Zug der Jungschützen mit drei Fahnenoffizieren aus den eigenen Reihen anführen sollte. Gestiftet wurde diese Standarte nach einer Sammlung von der Bruderschaft und feierlich überreicht wurde sie damals auf dem Marktplatz von Brudermeister Gabriel Graaff.

 

Natürlich ist ein Jungschütze nicht nur eine schöne Bereicherung eines Schützenumzuges er will auch beschäftigt werden und vor allem will er schießen.

 

So kann wöchentlich beim Training in der Schützenhalle geübt werden. Leider ist das Schießen mit dem Luftgewehr erst ab dem 12. Lebensjahr erlaubt, so daß manch jüngerer Schülerschütze nur zuschauen darf und es nicht erwarten kann, endlich ein Gewehr in der Hand zu halten.

 

Ende der 70er Jahre sammelten die Jungschützen in einer Spontanaktion Papier, um eine Tischtennisplatte finanzieren zu können. Nach nur einer Sammlung kam das nötige Geld schon zusammen. Später wurde auch noch ein Kicker angeschafft und die Traningstermine wurden von nun an noch intensiver wahrgenommen.

 

Jährlich finden Grillfeste und Weihnachtsfeiern statt. Während der Weihnachtsfeier führen wir schon seit einigen Jahren das Christbaum-kugelschießen durch. Was zuerst als Spaß begann, wird heute obligatorisch genutzt, um die gegenseitigen Weihnachtsgeschenke per Los in der Weihnachtskugel auszuschießen. An Weihnachten darf dann auch der Nikolaus nicht fehlen. Jährlich besucht er uns mit seinem Knecht Ruprecht. Bei einer der letzten Feiern, so kurz vor Weihnachten, hatte der Nikolaus so viel Schelte für uns im Sack, daß er heiser seinen schwarzen Begleiter bat: „Ruprecht hol mir doch mal ein Bier!“

 

Alle zwei Jahre an den Pfarrfesten beteiligen sich die Jungschützen mit einer Schießbude in der Garage des Herrn Pastors. Um diese Bude interessant zu gestalten und nötige Sicherheit zu gewährleisten, wird schon Tage vorher geplant und gebastelt. Drehkreuz, Blumenreihen und ein Vergleichswettkampf werden immer wieder gerne angenommen.

 

In den Jahren 1980 –83 unternahmen die Jungschützen diverse Ausflüge. Der erste ging damals ins Phantasialand und wurde von dem in diesem Frühjahr verstorbenen Arnold Dederichs gestiftet.

 

Seit einigen Jahren veranstalten die Schützen aus Langenbroich-Bergheim einen Sommerbiathlon, an dem wir immer wieder, wenn es der Termin erlaubt, sehr gerne teilnehmen. In den Anfängen dieses Lauf- und Schießwettbewerbes konnten wir sogar in einigen Mannschafts- und Einzeldisziplinen Siege und gute Plazierungen erringen.

 

Ein fester Jahrestermin ist das Bezirksjugendpokalschießen. Hier sind die Vettweißer Jungschützen eine Macht und die anderen Vereine im Bezirk müssen sich schon sehr anstrengen, um uns den Sieg streitig zu machen. 1999 gewannen wir den Pokal zum dritten Mal in Folge. Insgesamt waren wir in 15 Jahren achtmal siegreich, ich denke, ein guter Schnitt. Einen Tag nach dem Jugendpokalschießen findet sonntags das Konrad-Joist-Bezirkspokalschießen statt. Auch hier war schon so mancher Jungschütze Teil der Siegermannschaft.

 

1993 nahmen wir zum ersten Mal am Kreispokalschießen der Jungschützen teil. Dieser Wettbewerb wird alle vier Jahre im Rahmen des Kreisschützen-festes ausgeschossen. Schon bei der zweiten Teilnahme 1997 gewannen wir die Plakette mit der Aufschrift: „Den besten Jungschützen des Kreisschützenbundes Düren.“

 

Ein Abonnement auf den Sieg hatten wir auch beim mehrere Jahre ausgetragenen Jugendpokalschießen in Wissersheim. Hier zeigte sich bei einer Gelegenheit die Bedeutung des Zielwassers für den echten Schützen. Richard Courth, immer ein zuverlässiger Schütze mit gutem Auge, sollte unbedingt an diesem Schießen teilnehmen. Er ließ sich bei einer privaten Feier entschuldigen und kam schon nicht mehr ganz nüchtern nach Wissersheim. Dort nervten ihn die provisorischen und wackligen Stangen, an denen dort geschossen wurde, dermaßen, daß er sich kurzerhand entschied „frei Hand“ sein Glück zu versuchen. Er traf mit jedem Schuß die Zehn und erreichte damit natürlich einen Einzelrekord und wir durften den Wanderpokal behalten.

 

An den Schützenfesten zu Pfingsten beteiligen sich die Jungschützen mit zahlreichen Aktivitäten. Schon zwei Wochen vor dem Fest verteilen wir in der ganzen Gemeinde und darüber hinaus Plakate, die unser Schützenfest ankündigen.

 

Vor Jahren übernahmen wir ebenfalls das Aufhängen der Fähnchen im Dorf. Uns war die Anzahl des bunten Schmuckes bei weitem zu wenig, so beschlossen wir, selber Fähnchen zum Selbstkostenpreis zu verkaufen. Die Nachfrage war so groß, daß sich der Arbeitsaufwand des Aufhängens von einem auf drei Tage verlängerte. Aber es lohnt sich jedes Jahr wieder und die Begeisterung aller Dorfbewohner über unser schön geschmücktes Dorf gibt uns Recht und Anerkennung.

 

Auf vielfachen Wunsch aus der Bevölkerung, in unserem Festzelt mehr feierliche Atmosphäre zu schaffen, überlegten wir uns, das Zelt bunt mit Maibäumen zu schmücken. Außerdem gab die Bruderschaft, auf unsere Anregung hin, bei Franz Schleifer 12m² großes Schild in Auftrag. Dieses Schild hängt seitdem bei jedem Schützenfest am Kopfende des Zeltes und ist nicht mehr wegzudenken. In diesem Jahr ist es allerdings durch eine weniger gewichtigere Variante ersetzt worden, da das alte Schild sich der Erd-anziehung nicht entziehen konnte. Die „Schmückaktionen“ enden jedes Jahr mit einem gemeinsamen Pizza- und Pommesessen im leeren Festzelt. Danach kann dann endlich das Schützenfest beginnen.

 

Es war wohl in keiner Generation besonders leicht, die Interessen von Alt und Jung unter einen Hut zu bringen. Aber auch in einem historischen Schützenverein, wo Traditionen aufrecht erhalten und Statuten beachtet werden, ist es möglich, junge Menschen zu interessieren und einzubinden. Meiner Meinung nach klappt dies in unserer Bruderschaft St. Gereon immer wieder sehr gut. Auch wenn manches Mal über uns Jungschützen geschimpft wird, ist wohl jeder „Altschütze“ irgendwann einmal froh, daß es uns gibt.

 

Jörg Mottweiler